Die persönliche Haftung des Geschäfts­­­führers – ein stetes Minenfeld

Geschäftsführer einer GmbH, wie auch Vorstände einer Aktiengesellschaft, wähnen sich häufig in trügerischer Sicherheit, wenn es um Haftungsrisiken geht. Zwar besteht vom Grundsatz her keine persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH. Es haftet stets die GmbH selbst ausschließlich mit dem Gesellschaftsvermögen.

Es gibt jedoch Fälle, in denen auch Geschäftsführer persönlich zur Verantwortung gezogen werden, das heißt persönlich mit ihrem Privatvermögen haften müssen.

Nach den gesetzlichen Regelungen haften Geschäftsführer persönlich, wenn sie ihre Obliegenheiten verletzen (§ 43 Abs. 2 GmbHG). So kann beispielsweise eine Verletzung der Insolvenzantragspflicht zur persönlichen Haftung gegenüber der Gesellschaft bzw. einem späteren Insolvenzverwalter führen (§ 15b Abs. 4 InsO).

Für die Nichtabführung von Steuern oder bei Pflichtverletzungen im Bereich des Arbeitsschutzes kann ebenfalls die persönliche Haftung greifen, wie auch bei der Einbindung von Scheinselbstständigen.

Aktuell haben sich mehrere Gerichte mit der persönlichen Haftung von Geschäftsführern befasst. Aus den jeweiligen Urteilen ergibt sich ein breitgefächertes Haftungsfeld.

So hatte bereits das Oberlandesgericht Dresden mit Urteil vom 30.11.2021 (Az. 4 U 1158/21) entschieden, dass ein Geschäftsführer für DSGVO-Verstöße persönlich haftet.

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 30.03.2022 (Az. 12 U 1520/19) entschieden, dass ein Geschäftsführer für Pflichtverletzungen im Rahmen der internen Unternehmensorganisation haftet. Geschäftsführer sind verpflichtet, im Rahmen einer solchen internen Unternehmensorganisation auch erforderliche Compliance-Strukturen zur angemessenen Überwachung von Mitarbeitern zu schaffen, um die Rechtmäßigkeit des Handelns kontrollieren zu können.

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat hingegen mit Urteil vom 18.08.2022 (Az. 4 U 198/21) entschieden, dass ein Geschäftsführer nicht persönlich für einen Phishing-Angriff verantwortlich ist, durch den betrügerische Geldüberweisungen zulasten der GmbH veranlasst wurden. Interessant an dieser Entscheidung ist zudem, dass nach Ansicht des Oberlandesgerichts Zweibrücken sich die dortige Geschäftsführerin auch auf die Grundsätze der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung berufen kann und eine Haftung dann ausgeschlossen ist, wenn in den E-Mail-Verkehr der Alleingesellschafter eingebunden ist. In diesem Fall sei von einem stillschweigenden Einverständnis des Handelns der Geschäftsführerin auszugehen.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.03.2023 (Az. 8 AZR 199/22) entschieden, dass Geschäftsführer nicht persönlich für den Mindestlohn gegenüber Arbeitnehmern haften und insoweit auch kein Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer besteht. Dennoch stellt dies keinen Freibrief für Nachlässigkeit im Umgang mit den Vorgaben des Mindestlohngesetzes dar, da den Geschäftsführern unter Umständen ein Bußgeld drohen kann.

Eine persönliche Haftung der Geschäftsführer abgelehnt hat zudem auch das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 27.07.2023 (Az. VI 6 U 1/22) im Hinblick auf Kartellverstöße. Muss ein Unternehmen eine Kartellbuße zahlen, kann sie gegen den Geschäftsführer nicht persönlich Regress nehmen, so das Oberlandesgericht Düsseldorf. Diesbezüglich werden jedoch von verschiedenen Gerichten auch unterschiedliche Auffassungen vertreten und teilweise eine persönliche Haftung bejaht.

Eine Klärung wird hier nur eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs herbeiführen können.

Insgesamt bleibt die persönliche Haftung der Geschäftsführer im Falle von Pflichtverstößen immer ein brisantes Thema und wird weiterhin durch eine Vielzahl von verschiedenen Urteilen geprägt werden. Geschäftsführern ist daher dringend anzuraten, sich mit ihren Pflichten detailliert auseinanderzusetzen und ausreichend, z.B. über Compliance-Strukturen und Versicherungslösungen abzusichern.

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